In dieser Mini-Serie geht es kurz gesagt um die Erfahrungen mit meinem ersten E‑Auto. Angefangen bei Motiv und Kauf über die Tücken heimischer Stromstrippen und nationaler bzw. föderaler Förderprogramme bis hin zu echten Alltagserfahrungen – hoffentlich ohne jemals über einen komplett leeren Akku schreiben zu müssen. Auf Fahrpraxis müsst ihr genau wie ich noch bis November/Dezember warten. So lange braucht’s noch, um den Mini Cooper SE zusammenzuschrauben. Alles davor beginnt mit der naheliegenden Frage:
Was, verflixt noch eins, treibt einen mitten in der Rezession dazu, ein neues Auto zu kaufen?
Nun würde ich natürlich gerne damit glänzen, dass ich bereits vor Jahren in Nudel- und Klopapier-Aktien investiert hätte und mich ob dieser Findigkeit gerade dumm und dusselig verdiene. Die Wahrheit ist leider profaner: Der aktuelle Leasingvertrag läuft demnächst aus und auf dem Land geht’s halt nicht ohne fahrbaren Untersatz.
Aber ein reines E‑Mobil – echt jetzt?!
Wenn nicht jetzt, wann dann, dachte ich mir aus folgenden Gründen: Als freier Planner arbeite ich seit Jahren zu Hause im stillen Kämmerlein. Die vor knapp drei Jahren vereinbarten 15.000 Kilometer p.a. habe ich diesmal nicht ausgeschöpft, weil Jobs schon längst vor Corona vorwiegend digital abgewickelt wurden. Nach Corona wird sich das nicht ändern. Ich kann meine jährlichen Kilometer also getrost um ⅓ reduzieren.
Blöderweise wirkt sich das aber nicht auf die neue Leasingrate aus, denn E‑Autos besitzen nach Ablauf des Leasings einen erheblich geringeren Restwert. Nicht, weil so ein Stromer schlechter wäre, sondern weil zukünftige E‑Autos dank weiterentwickelter Akku- oder (hoffentlich) Wasserstoff-Technologie so viel besser sein werden, dass ein »altes« E‑Mobil nach läppischen 30.000 Kilometern schwer verkäuflich sein wird. Kurzum: Leasingbanken arbeiten bei E‑Autos mit beträchtlichem Angstzuschlag.
Macht aber nix, denn dafür gibt es schließlich die Umweltprämie von 6.000 Euronen. 3.000 muss BMW bzw. MINI direkt abziehen und auch in der Berechnung der Leasingrate nachweisen (wichtig!) und weitere 3.000 Euros erstattet einem das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz BAFA. Allerdings erst nachdem das Auto zugelassen ist. Ob ich zusätzlich noch von der gerade beschlossenen Verdopplung des Bundesanteils auf 6.000 € (dann insgesamt 9.000 €) profitiere, wird sich zeigen. Denn unterzeichnet habe ich meine Verträge bereits Ende Mai.
Nichtsdestotrotz: Dank Umweltprämie liegt die neue Leasingrate immerhin 5,5 % unter der alten, was passt, weil die alte Rate fest eingepreist ist.
Na das hat er sich aber mal mächtig schön gerechnet.
Stimmt. Der kleine, gemeine Buchhalter in meiner bzw. Jedermanns Birne kommt hier erst im Nachhinein zum Zug. Dann nämlich, wenn das limbische System schon längst weiss, was man eigentlich möchte. Und der MINI Cooper SE versteht sich prächtig darauf, diesen Autopiloten in unserem Motiv- und Emotions-System um den Finger zu wickeln. Blöd gelaufen, kleiner Controller. Der erste Eindruck zählt.
Der elektrische Mini ist kein Experiment am Kunden,
sondern ein erprobtes Auto (Antrieb vom i3, Rest original Mini), mit coolem Start-Ton und sanft-spacigem Säuseln unter 35 km/h, um Fussgängern eine halbwegs faire Chance zu geben. Die Kiste geht nämlich ab wie Nachbars Katze, wenn unser Foxterrier Luke hinter ihr her ist. Von Null auf Baum in mächtig fix – auf der Autobahn allerdings bei 150 km/h abgeregelt. Außerdem ist das kleine aber sau bequeme Auto digital ganz weit vorne, weil so ziemlich alles serienmäßig drin ist, was bei BMW an digitalen Services sonst extra dazu gebucht werden muss. Vom regelmäßigen Navi-Update und stauvermeidender Online-Routenplanung über Apple CarPlay und einem Headup-Display, das sogar mit Polaroid-Sonnenbrille klar lesbar ist, bis zur Qi-Ladehalterung fürs Handy etc. pp.
Hui, es bremst bremslos!
Das heißt dann Rekuperation und erfolgt im Mini gleich in zwei Stufen. Die eine verzögert das Auto recht sanft, wenn man vom »Gas« geht. Die zweite bremst das Auto richtig ab, um möglichst viel Energie zurückzugewinnen. Die Folge: Im Stadtverkehr braucht man eigentlich nur noch ein einziges Pedal. Nach ein paar Kilometern Eingewöhnung ein ganz famoses Fahren.
Wenn dann noch Frau und Freunde unisono aber unabhängig voneinander attestieren »das Auto steht dir«, schmeichelt und motiviert das obendrein. Nicht zuletzt, da man mir glaubhaft versicherte, das sei kein Seitenhieb auf meine Statur.
Es gibt nichts zu konfigurieren,
was jeder ungemein zu schätzen weiß, der sich beim klassischen BMW Car-Configurator mit seinen unzähligen Optionen völlig verloren hat. Bei Mini hingegen gibt es nur S, M, L und XL. Bei jedem Schritt nach oben wird die Liste der Ausstattungsmerkmale nach unten etwas länger. Alles, was oben steht, bleibt gleich. Auswahl innerhalb einer Modellvariante gibt es keine – außer Farbe und Felgen. Nicht ohne Grund fühlt sich das Teil ein bisschen wie ein fahrbares iPhone an.
Wer Tetris kann …
kriegt auch eine Hundebox hinter den Fahrersitz. Einsteigen muss der Fox dann über die Beifahrertür, weil das bei einem Dreitürer nun mal nicht anders geht. Luke ist schlau. Er wird es lernen.
Ob das Herrchen auf Dauer mit so viel Kompaktheit klarkommt, wird sich zeigen. Denn entgegen dem Eindruck, den man gewinnt, wenn man vor einem Mini steht, ist das Teil tatsächlich mini. Das heisst, dass die vom Haushaltsführenden, also mir, für den Einkauf verwendete große, gelbe Metrobox nur dann in die Koffer-Kemenate passt (von »Raum« mag man da nicht sprechen), wenn die Rückbank senkrecht steht, was bei der 2:1 teilbaren Lehne Gott sei’s gedankt serienmäßig funktioniert. Vorne ist das Platzgefühl prima. Dass ich bei Ampeln früher halten muss, weil das Dach weiter vor- bzw. die Frontscheibe steiler steht als beim 1er, werde ich wohl noch lernen oder mir die nächsten drei Jahre den Hals verdrehen, um den Blitzstart beim Ampelduell nicht zu versemmeln.
Was sonst noch spannend ist:
Der Autoschlüssel bleibt, wenn man mag, beim Öffnen und Starten in der Tasche. Dank Wärmepumpe lässt sich der Kleine im Winter ganz ohne Standheizung vorheizen und im Sommer nicht nur lüften, sondern richtig kühlen. Falls also nicht wieder irgendein uralter 190D den Elektroparkplatz der Metro blockiert, kann ich zukünftig gleichzeitig einkaufen, laden und den Hund im Auto frisch halten.
Zuhause soll mit Wallbox und mit bis zu 11 KW getankt werden – zumindest theoretisch. Was praktisch dabei zu berücksichtigen ist und warum der nette Herr vom örtlichen E‑Werk ein wenig blass um die Nase wurde, folgt demnächst in dieser Rubrik.
Wer Fragen hat: Bitte unten in die Kommentare schreiben.
PS: Was das mit strategic Planning zu tun hat? Nix. Passt aber sonst nirgendwo rein.
Reichweite! Wir wollen Reichweite!
Nö, brauchen wir gar nicht. Wir haben noch nen Zweitwagen. Der schafft 800 km mit einer Tankfüllung. Die 200 km beim Mini reichen für den Rest. Falls nicht, wird getauscht.